Allgemeines: Systemische Pädagogische Elternberatung
Zielgruppe
Die Fortbildung wendet sich an alle Personen, die im Rahmen ihrer pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in psychosozialen Arbeitsfeldern (stationär, teilstationär oder ambulant) Eltern und/oder Bezugspersonen in ihre Erziehungstätigkeit einbeziehen oder einbeziehen wollen oder die in Bezug auf Eltern und/oder Bezugspersonen beratend tätig sind, z.B. in Einrichtungen der Jugendhilfe, beim Jugendamt, in Beratungsstellen, in freien Praxen usw.
Nach Abschluß dieser Fortbildung kann Therapie, doch keine Psychotherapie im Sinne des Psychotherapeutengesetzes durchgeführt werden. Nach dem Psychotherapeutengesetz vom 1.01.1999 unterliegt der Gebrauch des Begriffes "Psychotherapie" der gesetzlichen Regelung. Psychotherapie darf nach diesem Gesetz nur von Personen durchgeführt werden, welche die Approbation (staatliche Zulassung) oder eine besondere Erlaubnis erworben haben.
Diese Fortbildung führt nicht zur Approbation. Will man nach Abschluss dieser Fortbildung dennoch psyhotherapeutisch orientiert tätig werden, bedürfte es einer Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde nach dem Heilkundegesetz, die von Nicht-Ärzten und Nicht-Heilpraktikern durch den Nachweis der "Erlaubnis zur Ausübung heilkundlich-psychotherapeutischer Tätigkeit" erworben werden kann, welche vom örtlichen Gesundheitsamt nach Antragsstellung und in der Regel auf Grund einer schriftlichen und mündlichen Überprüfung erteilt wird (s. Vorbereitungsliteratur).
Die Fortbildung ist keine Psychotherapie, sondern eine professionelle Weiterbildung und beinhaltet Selbsterfahrung und Selbsterfahrungsanteile. Die Teilnahme an der Fortbildung setzt ein normale psychische Belastbarkeit voraus und geschieht eigenverantwortlich.
Zulassungsbedingungen
- Abgeschlossene psychosoziale Ausbildung (Fachschule, Fachhochschule, Universität)
- Möglichkeit der praktischen Elternarbeit und/oder Bezugspersonenarbeit unter Einsatz von Video im Rahmen der Berufstätigkeit oder einer anderen Tätigkeit
Ziele und Inhalte der Fortbildung
Die Fortbildung legt den inhaltlichen Schwerpunkt auf die Erweiterung der systemisch pädagogischen Kompetenz, Eltern und/oder Bezugspersonen im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit in die pädagogische Arbeit mit einzubeziehen und Beratung von Eltern und/oder Bezugspersonen zu leisten. Theoretische Grundlagen basieren auf aktuellen pädagogischen Konzepten, auf Kompetenzbildung der Befähigung zur Bewältigung (Coping-Strategien), der Systemtheorie sowie Selbstorganisationstheorie (Kybernetik 2. Ordnung) und werden ergänzt durch die Personzentrierte Psychologie und durch Aspekte der Erwachsenenbildung.
Diese systemisch pädagogische Elternberatung unterscheidet sich zunächst von einer expliziten Therapie bzw. Familientherapie, weil sie
- bedingt durch ein pädagogisches oder beraterisches Anliegen seitens der PädagogInnen die Eltern- und/oder Bezugspersonen für eine bestimmte Form von Erziehung oder Beratung gewinnen will,
- Bewußtseinsbildung sowie Bildung von Erziehungskompetenz bei Eltern und Bezugspersonen anstrebt (Eltern sollen Elternverantwortung übernehmen können),
- zeitlich anders strukturiert sein kann, denn
- pädagogische Elternarbeit wird in der Regel begleitend über die Gesamtzeit einer pädagogischen Maßnahme geleistet,
- es können längere Phasen zwischen den Elternarbeitsgesprächen entstehen (monatlich, ¼ -jährlich, ½-jährlich),
- manche Gespräche unterliegen anderen Intervallen, z.B. einmalige Hilfeplangespräche, Aufnahmegespräche, ½-jährliche oder jährliche Erziehungsplanungsgespräche, Krisengespräche nach Bedarf usw.
Arbeitsweise
In der Fortbildung wird theoretisch und praktisch Eltern- und Bezugspersonenarbeit erfahrbar gemacht wird. Konkrete Eltern- und Bezugspersonenarbeit wird zunächst in der Fortbildungsgruppe selbst ohne und mit Video-Feedback und später im Praxisfeld (in vivo) unter Einsatz von Video trainiert.
Insgesamt steht die eigene Entwicklung einer Beraterpersönlichkeit mit der Perspektive im Vordergrund, personale Kompetenz im praktischen Umgang mit Eltern und Bezugspersonen sowie Vermittlungskompetenz von Erziehungsinhalten zu entwickeln und weiter auszubauen.
Methodische Formen in der Fortbildung
- Theorievermittlung durch Vorträge und Visualisierungen
- Selbststudium von Literatur und Erstellen von Impulsreferaten durch die TeilnehmerInnen
- Reflexion der eigenen Persönlichkeit in Form von Selbsterfahrung in der TeilnehmerInnengruppe
- Erarbeiten von Theorie und Sammeln von Erfahrungen durch Rollenspiele
- Demonstration von Eltern- und Bezugspersonenarbeit in der TeilnehmerInnengruppe
- Vorstellen von Fallbeispielen der TrainerInnen
- Einbringen von Fällen (auf Video) durch die TeilnehmerInnen
- Intervision der TeilnehmerInnen untereinander (kollegiale Supervision ohne TrainerInnen)
- Schriftliche Dokumentationn von zwei Prozessverläufen systemischer Sitzungen
Gliederung der Fortbildung
Die Fortbildung dauert 2 Jahre und umfasst 442 Stunden: 240 Fortbildungsstunden (mit Trainer) + 72 Stunden Intervision (ohne TrainerInnen) + 50 Stunden Selbststudium + 30 Stunden Beratungspraxis + 50 Stunden Supervision in der beruflichen Praxis. Die Fortbildung bildet zugleich auch die Grundstufe zur insgesamt 3½ jährigen Fortbildung (die Aufbaustufe erstreckt sich über 1½ Jahre mit 516 Fortbildungsstunden) in "Systemischer Familientherapie und Familienberatung" über insgesamt 958 Fortbildungsstunden.
- 442 Stunden insgesamt über 2 Jahre:
- 240 Präsenzstunden mit Trainer in 12 Blocks à 2 Tagen
- 50 Std. Theorie
- 50 Std. Praxis
- 50 Std. Selbsterfahrung
- 50 Std. Supervision
- 20 Std. Kolloquium Theorie
- 20 Std. Kolloquium Praxis
- + 050 Std. Selbststudium (Nachweis durch schriftliche Vorlage eines Impulsreferates)
- + 030 Std. Beratungspraxis (Nachweis durch 2 Videobeiträge mit jeweiliger Dokumentation)
- + 050 Std. Supervision (Nachweis von Supervision in der beruflichen Praxis)
- + 072 Std. Intervision (monatliche kollegiale Supervision in der TeilnehmerInnengruppe für jeweils 3 Stunden)
Weiterbildungsteile mit TrainerInnen:
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Theorie (10 Std.) + Praxis (10 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Theorie (10 Std.) + Praxis (10 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Theorie (10 Std.) + Praxis (10 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Praxis (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Praxis (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Selbsterfahrung (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Selbsterfahrung (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Selbsterfahrung (10 Std.)+ Supervision (10 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Supervision (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Supervision (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Kolloquium Theorie (20 Std.)
- Fortbildungsblock: 2 Tage - Kolloquium Praxis (20 Std.)
(Terminübersicht über alle 12 Blocks)
Abschluss der Fortbildung
Die TeilnehmerInnen erhalten nach Absolvieren der Fortbildung eine Teilnahmebescheinigung.
Zur Erlangung des Zertifikates "Systemische Pädagogische Elternberaterin / Systemische Pädagogischer Elternberater" sind folgende Kriterien zu erfüllen:
- Komplette Teilnahme an allen Weiterbildungsblocks
- Vorstellen einer schriftlichen Theoriearbeit vor der Fortbildungsgruppe und Abgabe dieser Arbeit an die Fortbildungsinstitution
- Führen von Protokollen über die Fortbildungssitzungen
- Vorstellen von zwei systemischen Sitzungen mit Eltern und/oder Bezugspersonen (auf Video) und schriftlicher Dokumentation. Diese Videobeiträge und Dokumentationen werden während der Fortbildung und im Abschlußkolloquium reflektiert.
- Komplette Teilnahme an den Intervisionen
Curriculum: Systemische Pädagogische Elternberatung
Theorie (100 Std.)
Auf der Grundlage der psychosozialen Ausbildung der TeilnehmerInnen werden aktuelle Konzepte der Vermittlungskompetenz von pädagogischen Inhalten und der Kompetenzbildung in Bezug auf Erwachsene über 50 Stunden in der Fortbildungsgruppe vermittelt. Einzelne Grundlagenthemen werden an die TeilnehmerInnen vergeben, die im Selbststudium (angerechnet werden dafür 50 Std.) zu erarbeiten und in Form einer schriftlichen Theoriearbeit vorzulegen und der Fortbildungsgruppe vorzustellen sind.
Einzelne Themenschwerpunkte der Theorievermittlung sind:
Grundlagen von Erziehung und Bildung
- moralische und ethische Wertebildung
- pädagogische Kategorienbildung
- Übersicht über bestehende Konzepte der Elternberatung und Elternarbeit
Kompetenzbildung von Eltern und Bezugspersonen
- Einblick in die Genese von Kompetenz
- Weiterentwicklung kommunikativer Kompetenz
- Auf- und Ausbau der Erziehungsfähigkeiten von Eltern und Bezugspersonen
Erwachsenenbildung und deren Methoden
- Erfahren von angemessenen und impulsgebenden Methoden der Erwachsenenbildung
- Einsatz von Sprache, Metaphern und Symbolen
- Entwicklung von adäquaten Moderationstechniken
Systemischer Ansatz
- Theoretische und empirische Grundlagen sowie bedeutsame erkenntnistheoretische Positionen
- Systemische Schulen
- Prinzipien der Selbstorganisation des Menschen
- Subjektive Konstruktion von Wirklichkeit durch Wahrnehmung und Sprache
- Systemanalyse, individuelle Diagnostik, Indikation
- Intra- und interindividuelle Verarbeitungsformen lebensgeschichtlicher, affektiver und kognitiver Beziehungserfahrungen
- Entwicklungsphasen von Systemen
- Bedeutung des "identifizierten Patienten" im System
- Systemische Interventionsmöglichkeiten
- Verschiedene systemische Settings
- Umgang des Helfersystems mit dem Familien- und Bezugssystem
Spezifische Störungen
- Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
- Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen
- Schizophrenie und affektive Störungen
- Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen
Kolloquium Theorie (20 Std.)
Die Fortbildung schließt mit zwei Kolloquien, in welchen die TeilnehmerIn erworbenes Wissen in der Fortbildungsgruppe reflektiert. Jede TeilnehmerIn stellt in diesen Kolloquien einen konkreten Fall aus der theoretischen Perspektive mit der entsprechenden schriftlichen Dokumentation und einem Videobeitrag vor. Im Kolloquium Theorie (20 Std.) soll folgendes reflektiert werden:
- Indikation zur pädagogischen Eltern- und/oder Bezugspersonenarbeit
- Erarbeiten einer Strategie der Intervention
- Begründung der Methodenwahl
- Selbsteinschätzung des Beratungsverlaufs
- Kritische Auswertung und Evaluation
Praxis (50 Std.)
In den Praxisblöcken werden die theoretisch erfahrenen Inhalte in der TeilnehmerInnengruppe (Laborsituation) umgesetzt. Die Praxiserfahrungen (vgl. Beratungspraxis, s.u.), die von den TeilnehmerInnen in ihren Berufsfeldern oder ähnlichen Situationen gemacht wurden, werden sukzessive in die Praxisblöcke einbezogen. Jede TeilnehmerIn stellt einen konkreten Fall aus der theoretischen Perspektive mit der entsprechenden schriftlichen Dokumentation und einem Videobeitrag vor. Im Einzelnen soll folgendes erarbeitet werden:
- Sensibilisieren auf Wahrnehmung der Wirklichkeiten von Eltern- und/oder Bezugspersonen
- Neukonstruktion von Wirklichkeiten, die Eltern- und Bezugspersonen andere Möglichkeiten aufzeigen
- Kennenlernen, Begleitung und Förderung der Phasen von Elternarbeit und Elternberatung (Beziehungsaufbau, Phase der Themenbearbeitung, Verabschiedungsphase)
- Die TeilnehmerInnen erfahren an sich selbst im Rollenspiel als Eltern- und/oder Bezugspersonen eine Form des Umganges, der bewirkt,
- dass man sich verstanden und geachtet fühlt,
- selbstwertfördernd ist,
- Verständnis für die Verhaltensweisen von Eltern und Kindern vermittelt,
- neue Perspektiven im Umgang mit sich und Kindern eröffnet,
- Ressourcen für eigene Verhaltensänderung mobilisiert.
- Umsetzen dieser im Rollenspiel gemachten Erfahrungen in eigenes Handeln
- Trainieren des adäquaten Ansprechens von Eltern- und/oder Bezugspersonen durch passende Wortwahl und Nutzen von Metaphern
- Einbringen von eigenen Fällen, deren schriftlicher Dokumention und Rückmeldung durch die TrainerIn und der Fortbildungsgruppe
Kolloquium Praxis (20 Std.)
Die Fortbildung schließt mit zwei Kolloquien, in welchen die TeilnehmerIn erworbenes Wissen in der Fortbildungsgruppe reflektiert. Jede TeilnehmerIn stellt in diesen Kolloquien einen konkreten Fall aus der theoretischen Perspektive mit der entsprechenden schriftlichen Dokumentation und einem Videobeitrag vor. Im Kolloquium Praxis (20 Std.) soll folgendes reflektiert werden:
- Selbsterleben der eigenen Persönlichkeit im Beratungsprozess
- Fähigkeit des Umgangs mit den Eltern- und/oder Bezugspersonen
- Einsatz von Kommunikation, Methoden und Metaphern
- Selbsteinschätzung der Effektivität eigener Beratungsleistung
Durchführung von Beratungspraxis durch die TeilnehmerIn (30 Std.)
Durch eine praktische und konkrete Arbeit als BeraterIn sollen die bisherigen persönlichen und beruflichen Erfahrungen der TeilnehmerInnen mit den in der Fortbildung zusätzlich erworbenen Fähigkeiten umgesetzt und in selbständiger Beratertätigkeit in der eigenen Praxis durchgeführt werden. Dazu werden insgesamt zwei systemische Sitzungen unter Einsatz von Video in der beruflichen Praxis durchgeführt und unter Einhaltung der geltenden Datenschutzbestimmungen in der Fortbildungsgruppe vorgestellt.
Für die erste Videovorstellung mit schriftlicher Dokumentation und der Vorstellung in der Fortbildungsgruppe werden 15 Stunden angerechnet, für die zweite Videovorstellung mit schriftlicher Dokumentation, welche am Ende der Fortbildung im Kolloquium vorgestellt wird,
ebenfalls 15 Stunden.
Selbsterfahrung (50 Std.)
Anteile von Selbsterfahrung sind auch in der Supervision enthalten. In der expliziten Auseinandersetzung mit sich selbst setzen sich die Teilnehmerinnen im Rahmen der Fortbildungsgruppe oder einer Encountergruppe mit den eigenen Anteilen auseinander, die für eine Eltern und/oder Bezugspersonenarbeit bedeutsam sind:
- Bedeutung der eigenen Kindheit, des Kindes in einem und der Rollenzuweisung als Kind bzw. Jugendlicher
- Reflexion der Rollenzuweisungen an Eltern und bedeutsamen Erwachsenen aus Sicht des (damaligen) Kindes und Jugendlichen
- Erforschen eigener Familienbilder und Familienvorstellungen
- Familienrekonstruktion
- Reflexion einer beraterischen und therapeutischen Haltung für eine tragfähige Kontaktgestaltung in der Kooperation mit Paaren, Familien und Systemen
- Anerkennung, Förderung und Würdigung der besonderen Ressourcen und der Einzigartigkeit von KlientInnen und -systemen
- Erleben eines förderlichen Umganges mit sich selbst
- Erfahren der Dynamik von komplexen Systemen und eigener Befindlichkeit
Supervision (100 Std.)
In der Supervision (50 Std. mit TrainerInnen) wird im Rahmen der Fortbildungsgruppe oder in Teilgruppierungen die individuelle Definition von Wirklichkeit sowie die eigene Sicht von Zusammenhängen durch das Kennenlernen anderer Perspektiven erweitert Supervision soll als ein notwendiges und geeignetes Instrument der persönlichen und fachlichen Reflexion erfahren werden:
- Hilfestellung bei persönlichen und fachlichen Fragen
- Einbringen von Falldarstellungen
- Erweiterung individueller Sichtweisen
- Verstehen von komplexen Zusammenhängen
Zusätzlich muss der Nachweis von Supervision im beruflichen Feld (am Arbeitsplatz oder adäquaten Praxisfeldern) über 50 Std. erbracht werden.
Intervision (72 Std.)
Begleitend zur Supervision treffen sich die TeilnehmerInnen in selbst organisierten Arbeitsgruppen einmal im Monat für 3 Arbeitsstunden, um relevante Literatur zu bearbeiten, Methoden einzuüben und sich gegenseitige fachlich-supervisorische Hilfestellung zu geben.
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